Beratender Coach - ein Widerspruch?

Viele Vertreter aus dem Coaching Sektor würden sofort behaupten, dass der Titel „Beratender Coach“ ein Widerspruch in sich sei. Denn oberstes Gebot eines Coaches müsse es sein, dass er oder sie eben keine Lösungsvorschläge oder gar ganze Konzepte vorgeben. Durch professionelle Frage- und Zuhörpraxis soll der Kunde vom Coach vielmehr dazu befähigt werden, seine Herausforderungen und Ziele selbst zu artikulieren und Lösungsoptionen sowie konkrete Maßnahmen eigenständig zu erkennen und zu definieren. Nicht umsonst trägt eines der Standardwerke zum systemischen Coaching von Sonja Radatz auch den Titel „Beratung ohne Ratschlag“.

Eine theoretische Herleitung des Coaching Ansatzes basiert auf den Begriffen „systemisch“ und „konstruktivistisch“. So konstruiert sich jeder Mensch aufgrund seiner DNA, den  eigenen Wahrnehmungen und in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen seine persönliche Wahrheit. Er baut sich sozusagen seine eigene subjektive Landkarte aus Vorstellungen, Überzeugungen und Sichtweisen. Ein Gesprächspartner - im Zweifelsfall ein Coach – kann diese subjektiv konstruierte Wahrheit des Kunden somit gar nicht kennen. Er kann sie höchstens in Teilen erahnen oder erraten. Wie sollte ein Coach dann also das Problem des Kunden treffsicher identifizieren, geschweige denn, die richtige Lösung oder Maßnahme vorschlagen können?  Ratschläge zu geben kann sogar höchst irreführend, falsch oder womöglich kontraproduktiv sein. Denn diese beruhen nicht etwa auf Grundlage der konstruierten Wahrheit des Kunden, sondern auf der eigenen- und mit Sicherheit vom Kunden abweichenden - Wahrheitsüberzeugung des Coaches.

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Nichtsdestotrotz werden Coaches gerade in der Wirtschaft immer mehr nachgefragt. “Coaching” scheint Konjunktur zu haben. Und dafür gibt es genügend Gründe. Ein Unternehmens-Verantwortlicher, der durch professionelle Coach-Begleitung zu eigenen Ergebnissen kommt und sich aufgrund seiner persönlichen Überzeugung für Maßnahmen entscheidet, wird diese auch ganzheitlich und sehr bewusst durchführen und vorleben. Insbesondere Führungskräfte von Unternehmen, die vor einer Transformation stehen, brauchen diese Qualitäten. Leadership-Kompetenzen lassen sich in aller Konsequenz weniger durch Beratung sondern vielmehr durch Coaching fördern.

Erst Berater, dann Coach, oder beides zusammen?

Kann ein Coach auch ein Berater sein? Ja!  Kann ein Berater auch ein Coach sein? Nicht unbedingt!  Ein Berater braucht erlernbares Handwerkszeug und Fachwissen. Ein Coach benötigt zudem Erfahrung, Sozialkompetenz und wahrnehmbare Seniorität, um vom Kunden akzeptiert zu werden.

Und hier liegt auch die Krux, in der viele Coaches insbesondere am Anfang ihrer Coach-Laufbahn stecken. Sie haben im (Berufs)-Leben schon so viel erlebt und auch gemeistert, dass sie sich dazu verleiten lassen, zu glauben, den Kunden prompt zu verstehen und sein Problem allzu schnell zu erfassen. Ganz unter dem Motto:„Kenn ich, habe ich alles schon erlebt“. Aus antrainiertem Berater- oder Führungskraftreflex heraus erteilt er oder sie dann umgehend Ratschläge. Und gerade das ist von einem Coach eben nicht gefragt.

Und wie ist meine persönliche Haltung zur Berater – Coach Definition?

Im Rahmen der Begleitung vieler komplexer Transformationsprojekte habe ich zunächst operativ verantwortliche Management-Positionen, dann Führungsrollen und später Berater-Funktionen übernommen. Mit zunehmender Erfahrung wurde – ohne dass es einen Masterplan dazu gegeben hätte - von Führungskräften und Unternehmenslenkern immer öfter meine Expertise als Sparringpartner und dann als Coach nachgefragt.

Als was würde ich mich aktuell also bezeichnen? Als ein Berater mit Coaching Qualitäten.

Vielleicht können Sie das bereits bestätigen, oder Sie wollen es ausprobieren. In jedem Fall freue ich mich auf einen weiterführenden Austausch mit Ihnen.

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